Im Rahmen der Publikation »Den Wandel gestalten« sprachen die Corporate Communication-Expertin Gabriele Quadt und Valentin Heisters miteinander über die Arbeit von Heisters & Partner, gutes Design und glaubwürdige Unternehmenskommunikation in Zeiten des Wandels. Was braucht es, um in der Informationsflut von heute erkannt und wertgeschätzt zu werden? Welche Rolle spielt die digitale Transformation und wie lässt sich Design als strategischer Wertschöpfungsfaktor nutzen? Valentin Heisters führt aus, wie sich Unternehmenskultur und Strategie in der Corporate Communication wirksam verbinden und welche Unternehmen in seinen Augen herausragende Beispiele integrierter Kommunikation liefern.
Eine Frage zu Beginn: Sind Sie besessen von gutem Design?
Wir lieben gutes Design und arbeiten beherzt und konsequent für die besten Kommunikationslösungen. Dabei spielt unsere Begeisterung und Empathie bestimmt eine große Rolle. Für uns ist Design aber nie Selbstzweck, sondern ein zutiefst dialogischer Prozess, der einer klar definierten Aufgabenstellung folgt. Also ein gemeinsames Arbeiten, welches ohne die Nutzer, Anwender und vor allem die Auftraggeber nicht funktionieren würde. Besessen sind wir dabei weniger vom Gestalten an sich als von der Absicht, wirksame Antworten für die Aufgaben unserer Kunden zu entwickeln. Es dreht sich also letztlich um den Erfolg der Lösungen in der Anwendung.
Heisters & Partner hat den Untertitel »Corporate & Brand Communication« – was genau meint das?
Wir betrachten das Unternehmen im Gesamten als Marke. Für uns bedeutet Unternehmenskommunikation immer auch Markenkommunikation. »Corporate & Brand Communication« bedeutet, dass unser Schwerpunkt einerseits bei Corporate Communication und Reporting, andererseits im Corporate Design und Branding liegt.
Was, denken Sie, zeichnet Ihr Team am stärksten aus?
Ich denke, es ist neben unserem Know-how unsere enge Verbundenheit und Identifikation mit den einzelnen Projekten und Aufgaben, die sich letztlich in der Qualität der Arbeiten abzeichnet. Unsere Kundenbeziehungen sind zu über 60 % deutlich länger als fünf Jahre, für JP Morgan arbeiten wir z. B. schon zwölf Jahre, für ALTANA sind es dieses Jahr neun. Einer unserer Kunden hat in seinen Grundsätzen das Statement: »Wir wollen führend sein in allem, was wir tun.« Ein anderer spricht davon, dass seine Mitarbeiter »mit dem Herzen dabei sind«. Wir ticken ganz ähnlich. Wir wollen das bestmögliche Ergebnis für die sich stellenden Kommunikationsaufgaben und wir sind bei jeder Aufgabe, die wir übernehmen, mit dem Herzen dabei. Die Kunden schätzen das Unternehmerische und die direkte Verantwortlichkeit eines jeden hier im Team. Wir sind in dieser Beziehung ein Spiegelbild unserer Klienten.
Aber verlangen große Unternehmen nicht nach einer komplexeren Struktur?
Bei uns spricht der Kunde in der Realisation einer Arbeit direkt mit dem verantwortlichen Artdirector und Konzeptioner. Wir haben keinen klassischen Kundenkontakter, der zwischengeschaltet wird und zwischen Design, Text und Agenturleitung moderiert. Getragen wird dies durch ein starkes und erprobtes Projektmanagement, welches alle Fäden zusammenhält. Und wir machen keinen Unterschied zwischen einem größeren und einem kleineren Unternehmen. Unsere Konzentration und unser kompromissloser Einsatz sind immer gleich groß.
Sie entwickeln neben dem digitalen Storytelling, auch Periodika, Geschäftsberichte und Erscheinungsbilder, die vielfach ausgezeichnet worden sind. Was zeichnet die Gestaltung und Konzeption bei Heisters & Partner aus?
Vielleicht dies: Die meisten Kunden gewinnen wir über Pitches. Erstaunlicherweise müssen wir sagen: In der Regel gewinnen wir die Pitches, an denen wir teilnehmen. Hört sich vielleicht etwas hochtrabend an, ist aber sehr oft so. Wenn wir unsere neuen Kunden fragen, worin der Unterschied zu den anderen Mitbewerbern bestand, ist die Antwort oft: Ihr habt euch am intensivsten mit uns beschäftigt und ihr habt uns am besten verstanden.
Bei Ihnen entstehen starke Bild- und Textkonzepte. Es fällt auf, dass viele Ihrer Kunden diese in verschiedenen Medienkanälen nutzen: Ist das von vornherein geplant?
Das ist unterschiedlich. Eben weil wir das Unternehmen insgesamt als eine Marke sehen, zahlen die Stories, Bildstrecken und Imageteile der bei uns gestalteten Medien immer auf die Dachmarke ein. Geschäftsberichtskunden nehmen uns z. B. gezielt mit in Pitches zu Konzern-Imagekampagnen, weil sie das Gefühl haben, dass unser Verständnis für das Unternehmen sehr ausgeprägt und treffend ist. Heute entstehen bei uns konzernübergreifende Bildsprachen und Geschichten, die sowohl in den sozialen Medien, als Webstories oder aber auch als klassische Imageanzeigen erscheinen und konsistent auf die Corporate Brand einzahlen.
Was unterscheidet Ihren Ansatz von einer klassischen Werbeagentur?
Es hat sich gezeigt, dass unser inhaltlich-konzeptioneller Ansatz, der tiefer greift und aus der Kommunikation kommt, einen wichtigen Beitrag zum Erreichen der Ziele für die Corporate Communication leistet. Denn dort geht es nicht um Werbung, sondern, das Wort sagt es ja, es geht um Kommunikation. Es geht um das Bild des Unternehmens, welches über den Tag hinaus geht. Und das bedeutet: Aufbau von Beziehung und Dialog zu den Anspruchsgruppen. Man könnte auch sagen: Werbung will in erster Linie Aufmerksamkeit, um etwas zu verkaufen. Kommunikation will aber etwas anderes: Dialog und die Vermittlung von Haltung und Werten. Es geht in unserer Arbeit immer um den Austausch und den Aufbau von Vertrauen.
Was bildet den roten Faden der einzelnen Kommunikationsmaßnahmen?
Der rote Faden ist eine ganz klar Stakeholderorientierte Kommunikation, mit durchgehenden Botschaften und konsistentem gestalterischen Auftreten, die alle Bereiche der Corporate Communication umfasst und digitale wie analoge Kanäle verknüpft.
Bei Ihnen enstehen auch Geschäftsberichte, die ja in den letzten Jahren einen Wandel vom Printstück hin zu digitalen Versionen gemacht haben. Beobachten Sie eine Veränderung der Geschäftsberichtskonzepte?
Ja, die Konzeptionen haben sich im Rahmen einer immer breiteren digitalen Kommunikationskultur gewandelt. Dazu zählt zum Beispiel eine stärkere Fokussierung auf die Relevanz der Informationen für die Stakeholder. Die Kommunikation denkt heute umfassender und näher an den Zielgruppen. Man ist, um ein Zitat zu bemühen, immer mehr vom Feldherrenhügel der Kommunikation heruntergestiegen und arbeitet schneller, zielgruppenrelevanter und weniger hölzern als noch vor einigen Jahren.
Was macht das mit der Qualität der Inhalte? Wird alles zum Newsroom mit schneller Taktzahl?
Es wird schneller, keine Frage. Wir beobachten aber noch etwas anderes: Qualität in der Kommunikation und die gestalterische Beherrschung der Medien mit ihren jeweils eigenen Anforderungen und Potenzialen ist heute wichtiger denn je. Die Güte der Inhalte und der Kommunikationskonzepte ist von entscheidender Bedeutung. Alle Medien und Ereignisse ergänzen sich heute. Und jeder Leser oder Nutzer eines Kommunikationsangebots ist eine Chance, die Botschaften des Unternehmens zu vermitteln, aber jeder Nutzer ist zugleich sensibel: Alles wird wahrgenommen und gewertet. Vor dem Hintergrund einer Informationskultur, die jederzeit überall alle Informationen verfügbar gemacht hat, lohnt es sich in unseren Augen, aus Unternehmenssicht professionelle Arbeit zu leisten und das Bild, das nach außen getragen wird, nicht dem Zufall zu überlassen.
Welche Chance bietet die Konzeption eines gut gemachten Geschäftsberichts konkret für die Unternehmensmarke?
Der Geschäftsbericht kann der entscheidende Impulsgeber der Corporate Communication sein, denn Unternehmenskommunikation prägt heute die gesamte Unternehmensmarke. Authentische Konzepte, die schlüssig aus der Corporate Identity eines Unternehmens abgeleitet werden, setzen sich dabei über den Geschäftsbericht hinaus am nachhaltigsten durch – und zwar unabhängig von den jeweiligen medialen Kanälen. Besonders stark sind dabei die Konzepte, die den kulturellen Kern eines Unternehmens wirkungsvoll als strategischen USP formulieren und dabei glaubwürdig bleiben.
Gibt es ein konkretes Beispiel aus Ihrer Arbeit für solch einen ganzheitlichen Markenauftritt und die Nutzung einer Konzeption in anderen Medien?
Ja, wir konnten im letzten Jahr eines der weltweit führenden Spezialchemieunternehmen von einer solchen Konzeption überzeugen. Wir entwickelten für die ALTANA AG eine Imagekampagne, die in allen entscheiderorientierten Kanälen zu finden ist, die zugleich aber auch den Imageteil des Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichts darstellt und außerdem Grundlage eines international produzierten Imagefilms ist, der Print stützt und mittels QR-Code die Anzeigen begleitet. Aber die Nutzung ist noch breiter aufgestellt: Zugleich läuft die Konzeption als Storytelling in den sozialen Netzwerken, und auch im Employer Branding steuert die Kampagnenidee alle Personalanzeigen. So etwas funktioniert aber nur mit einer konzeptionell gut gemachten Idee, die einen wahrhaftigen Kern hat. In unserem Fall war es die authentische Geschichte, was ALTANA auszeichnet und einmalig macht.
Sie sprechen im Zusammenhang mit der Marke von »Wahrhaftigkeit«, ist das nicht etwas hoch gegriffen?
Im Gegenteil, Sie sind auf einen wahrhaftigen Markenkern angewiesen, einen Kern, der real ist und uns die Identität verstehen lässt. Der uns die Herkunft, die Visionen, die Ziele und die Einmaligkeit einer Unternehmung näher bringt. Wenn es Unternehmen glückt, zu diesem identitären Kern vorzustoßen, ihn zu erkennen und daraus eine Strategie abzuleiten, die die Stärken nutzt und in neue Zusammenhänge transformiert, entfaltet das eine sehr starke Wirkung.
Welche Rolle spielt dabei in Ihren Augen das Design?
Design ist ein ganz wichtiger Aspekt, dessen strategische, emotionale und auch wirtschaftliche Kraft immer wieder unterschätzt wird. Wenn es gelingt, die Strategie eines Unternehmens in einer Form zum Ausdruck zu bringen, die dieser inneren Wahrheit und Kultur entspricht, aus ihr hervorkommt und nicht am Ende eines Prozesses als Fassade quasi »drumherumgelegt« wird, dann wird das erstaunlicherweise intuitiv von den Rezipienten erkannt und findet in einer ganz anderen Form Beachtung. Die Marke oder das Produkt wirkt auf den Betrachter plötzlich eigenständig und sehr schlüssig. Damit diese Überzeugungskraft entsteht, ist es erforderlich, dass das Design aus einem integralen Prozess entwickelt wird, also Teil und zugleich innerer Ausdruck der Unternehmenskultur wird. Dort, wo dies gelingt, öffnen sich enorme Potenziale zur Wertschöpfung.
Sie sehen also in der Verbindung von inneren Werten und dem äußeren Erscheinungsbild eine Voraussetzung für das Funktionieren einer Marke?
Absolut. Michael Conrad sagt: »Make Culture your Strategy«. Wenn das Äußere der Marke das Innere sichtbar werden lässt, oder anders gesagt: das Resultat eines identitären Prozesses im besten Sinne ist, dann sind die Chancen, dass sie von den Kunden und Stakeholdern in ihrem Leistungspotenzial erkannt und verstanden wird, sehr hoch.
Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Kommunikation der Nachhaltigkeit einer Marke?
Das ist ein ganz entscheidender Punkt. Nehmen wir einmal an, einem Unternehmen gelingt es, eine überzeugende Einheit von Produkt, Marke und Corporate Communication aufzubauen. Perfekt gestaltet, integral kommuniziert. Und jetzt passiert das, dass in der Zeitung steht: Die Arbeitsbedingungen in den Fabriken der Zulieferer in China sind menschenunwürdig und nehmen keine Rücksicht auf die geistige und körperliche Gesundheit der Arbeiter! Solche Krisen können für Unternehmen bestandsgefährdend sein. Wer möchte ein Lifestyle-Produkt oder ein schickes Kommunikationsgerät kaufen, wofür andere womöglich mit ihrem Leben bezahlen müssen? Auch wenn alles über Zertifikate und Verpflichtungserklärungen theoretisch nicht mehr in der Verantwortung der Unternehmen liegt: In der öffentlichen Wahrnehmung spielt das keine Rolle, denn wer einen entscheidenden Anteil an der Wertschöpfung hat und für die Marke steht, wird von den Stakeholdern zu Recht in die Verantwortung genommen. Es ist die Sache mit dem integralen Kern: Wenn der faul ist, fliegt Ihnen die ganze Marke um die Ohren.
Was bedeutet das ganz konkret für die Nachhaltigkeitskommunikation?
Transparenz und ein Klima der Ehrlichkeit zu schaffen. Es geht darum, keine werblichen Botschaften zu produzieren, sondern mit glaubwürdiger Substanz über die gelebte Verantwortung und das Interesse am Dialog mit den Stakeholdern zu berichten. Wer hier Vertrauen aufbaut und die Argumente der Kritiker ernst nimmt und darauf angemessen reagiert, kann in einer Krise damit rechnen, dass ihm zugehört wird. Das kann ein guter Nachhaltigkeitsbericht neben anderen Maßnahmen sehr hilfreich unterstützen. Ein Beispiel ist McDonald’s, die viele herausfordernde Themen zu kommunizieren haben und gezeigt haben, dass man dieses Medium sehr wirksam einsetzen kann.
Foto: Michael Rast